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Mieterbund Ludwigsburg Aktuelles

Ludwigsburger Kreiszeitung, 06. November 2025

Geht es nach dem Land, entfällt die Mietpreisbremse in Bietigheim-Bissingen, Ditzingen und Remseck. Doch zwei dieser Städte haben nun ein Veto angekündigt.

Ende Oktober verkündete die Landesregierung nach erbittertem Ringen, dass das Instrument der Mietpreisbremse in Baden-Württemberg bis Ende 2029 verlängert und auf deutlich mehr Städte und Gemeinden ausgeweitet werden soll. Doch wohl nicht im Kreis Ludwigsburg.

Denn den ab 2026 neu dazukommenden Kommunen Asperg und Korntal-Münchingen steht der Wegfall in den drei Großen Kreisstädten Bietigheim-Bissingen, Remseck und Ditzingen gegenüber. Schon kurz nach Bekanntgabe kam aus dem Rathaus der Strohgäu-Kommune scharfe Kritik. Auch die Bietigheimer Verwaltung will Einspruch erheben, wurde anlässlich eines im Gemeinderat am Dienstag eingebrachten SPD-Antrags bekannt. Und in Remseck gibt es eine ähnliche Initiative.

Hintergründe der Mietpreisbremse

Bei Neuvermietung einer Wohnung darf die Miete in Orten mit Mietpreisbremse zu Beginn höchstens um zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen, ansonsten sind es 20.

Ob eine Kommune in die Gebietskulisse fällt, richtet sich nach einem Kriterienkatalog. Dieser umfasst in der neuen Runde unter anderem die Zahl der verfügbaren Wohnungen und die Nachfrage sowie die Höhe der Mieten im Vergleich zum Einkommen. Sind vier von fünf Kriterien erfüllt, greift die Mietpreisbremse.

Kritik an Kriterien aus Ditzingen

Für die Stadt Ditzingen basiert die Neubewertung der Wohnungsmarktsituation auf einer „fehlerhaften Datengrundlage“, nämlich dem Zensus 2022, gegen den man ohnehin Widerspruch beim Statistischen Landesamt eingelegt hat. Denn anders als dort ermittelt, verzeichne die Stadt in der Wirklichkeit einen „deutlichen Bevölkerungszuwachs, der die Nachfrage nach Wohnraum weiter erhöht hat“, heißt es.

Demzufolge erfülle Ditzingen auch die nötigen Werte in der Kategorie „Versorgung Neubürger“. Und damit sei das geforderte vierte Kriterium erfüllt, neben dem „Wohnungsversorgungsgrad“, bei der „Höhe und Entwicklung der Angebotsmieten“ sowie bei der „Mietpreisdifferenz“.

Antrag aus Bietigheim-Bissingen

Auch die Bietigheim-Bissinger SPD zweifelt einige Daten an. Laut Zensus 2022 betragen die Mieten im Bestand im Schnitt 8,95 Euro pro Quadratmeter kalt, ein „maßgebliches Onlineportal“ aber weise sogar 12,71 Euro aus, mit Ausschlag nach oben bis zu 16,73. „Wohlgemerkt: 2022! Das ist zu viel für viele Mieterinnen und Mieter in Bietigheim-Bissingen“, sagte Werner Kiemle im Gemeinderat. Er bezog sich auch darauf, dass sich die Mietpreisbelastungsquote (Verhältnis Nettoeinkommen zu Bruttowarmmiete) weiter verschlechtert habe. Und die Lage drohe sich zu verschärfen, falls die Mietpreisbremse tatsächlich entfalle, die Stadt solle sich deshalb „auf die Hinterfüße stellen“, forderte er. „Da sind wir schon dran“, antwortete OB Jürgen Kessing.

Initiative im Remsecker Gemeinderat?

Aus dem Remsecker Rathaus war bislang noch keine öffentliche Kritik zu hören. Auf LKZ-Anfrage kündigt allerdings SPD-Fraktionschef Colin Sauerzapf einen ähnlichen Antrag wie in Bietigheim an. Und auch Grünen-Fraktionschef Karl Burgmaier sagt: „Für mich ist nicht nachvollziehbar, warum Remseck aus dem Geltungsbereich der Mietpreisbremse herausfallen soll.“ Schließlich habe man einen „angespannten Wohnungsmarkt“, unter anderem weil nur wenige Wohnungen gebaut worden seien, vor allem im bezahlbaren Preissegment.

Zudem sei die Mietpreisbremse weiterhin für die Nachbarstädte Ludwigsburg und Kornwestheim (ebenso Möglingen) vorgesehen. Mit Letzterer verwalte man den gemeinsamen Teilort Pattonville, und an den Ludwigsburger Mietspiegel sei der eigene angelehnt, die Mieten immer entsprechend gestiegen.

Einen Antrag auf Fortsetzung der Mietpreisbremse würden die Freien Wähler ablehnen. Das sei ein „wirkungsloses Instrument, wenn das Ziel mehr Wohnraumangebot sein soll“, so Immobilienmakler Thomas Leutenecker. Die einzige Lösung hierfür sei, mehr zu bauen, das aber aktuell viel zu teuer, aufgrund von unter anderem „überbordenden Bauvorschriften“, langen Genehmigungsverfahren oder hohen Grunderwerbssteuern. Den Wegfall der Mietpreisbremse sieht er als Auszeichnung. Es zeige, dass Remseck „hier sehr viel richtig gemacht“ hat und auch relativ viele Neubauprojekte realisiert wurden.

Die FDP sieht eher eine Lösung in der Schaffung neuen Wohnraums und die Mietpreisbremse „sehr kritisch“, zumal diese auf private Vermieter abschreckend wirke und Investitionen bremse. „Schlussendlich verschärft dies die Wohnraumknappheit und treibt die Preise sogar“, so der Fraktionsvorsitzende Armando Mora Estrada. Eine ähnliche Einschätzung kommt von CDU-Chef Steffen Kirsch.

Bewertungen

Im zuletzt durch mehrere Neubaugebiete stark gewachsenen Korntal-Münchingen möchte man die ab 2026 neu geltende Mietpreisbremse nicht bewerten. Das hänge an vielen Faktoren und der Perspektive, heißt es.

Aspergs Bürgermeister Christian Eiberger indes ist froh, dass sie in seiner Stadt wieder gelten soll. „Ich finde sie gut und sinnvoll“, sagt er – wenngleich eine Kommune freilich keine Handhabe besitze, man könne die Einhaltung von Mietobergrenzen ja nicht überwachen. Aber den Bürgern die Infos weitergeben.

Wie geht es weiter?

Asperg fiel Ende 2019 aus der Gebietskulisse für eine Mietpreisbremse. Er habe gleich versucht zu intervenieren, allerdings kam nach etlichen Wochen eine abschlägige Antwort, so Eiberger. Auch Bietigheim-Bissingens OB Jürgen Kessing gab sich im Gemeinderat skeptisch: „Ob unser Ansinnen von Erfolg gekrönt ist, lass ich mal dahingestellt.“ Rathauschefs wie Kessing, der Ditzinger Michael Makurath oder die ebenfalls unzufriedenen OBs von Konstanz oder Singen sind aber nicht die einzigen, die nun zunächst angehört werden. Auch Gutachter sind noch gefragt.