Ludwigsburger Kreiszeitung vom 14.04.2023
Doppelt bis dreimal so viele Anträge: Die Wohngeldreform auf 1. Januar hat vielen Mietern höhere oder erstmalige Zuschüsse beschert, den Kommunen dafür deutlich mehr Arbeit. Auch in Ludwigsburg ist das der Fall – doch es läuft besser als zuvor erwartet.
Es bleibt dabei, trotz des immensen Anstiegs von Anträgen, der die Ludwigsburger Verwaltung ins Schwitzen bringt: „Der Bund hat die Grenzen nicht einfach so erhöht.
Wir brauchen bessere Hilfesysteme, bessere Leistungen. Das finden wir gut“, sagt Raphael Dahler. Er leitet den Fachbereich Gesellschaftliche Teilhabe, Soziales und Sport, in dem auch die Wohngeldstelle verankert ist. Und die hat viel zu tun: Seit 1. Januar gelten mit der Reform Wohngeld Plus – die erste große seit 2009 – andere Regeln (siehe unten). Kurz zusammengefasst: Die Einkommensgrenzen wurden erhöht, die Zahlungen angehoben. Die Kosten teilen sich Bund und Länder. Und im Bereich Soziales mit Schwerpunkt Wohnen ist Claudia Haberzettel Abteilungsleiterin. Schon jeder Antrag, der einen Zuschuss über 500 Euro enthält, geht direkt über ihren Schreibtisch. „Solche Anträge sind mittlerweile an der Tagesordnung.“ Und dabei bleibt es nicht: Weil die Grenzen erhöht wurden und sich Ludwigsburg mit Wohnstufe VI (von insgesamt VII) auf einem hohen Preisniveau befindet, „werden viele Anträge bewilligt“. Der Bedarf? Hoch. „Mit der Novellierung wird richtig viel Wohngeld ausbezahlt, da geht es um hohe Beträge.“ Hinzu kommt der Heizkostenzuschuss II, der am 1. April für alle Wohngeldempfänger ausgezahlt wird. Und die Prognosen über einen eklatanten Anstieg der Anträge haben sich bestätigt. Waren es im Januar 2022 noch 156 Anträge und im Februar 2022 dann 121, stieg die Zahl im gleichen Zeitraum dieses Jahres auf 349 und 233. Die Anträge müssen laut Haberzettel jährlich gestellt werden, insgesamt rund 630 Wohngeldbezieher fanden sich vergangenes Jahr in der städtischen Kartei. Es könnten dieses Jahr gut 1500 bis 1800 werden, was sich im Landratsamt (nur für die sechs großen Kreisstädte zuständig) schon abbildet: 2022 bezogen in den sechs Städten 2329 Haushalte Wohngeld, jetzt wird mit einer Verdreifachung gerechnet. Auffallend sei zudem, dass unter den Neuanträgen auch Haushalte sind, die aufgrund ihres Einkommens schon zuvor hätten Wohngeld beziehen können, so Claudia Haberzettel, insbesondere Rentner seien jetzt mehr dabei. Die Gründe sind nicht ganz klar. „Vielleicht haben sich jetzt mit den Aufrufen mehr Menschen getraut“, sagt sie. Bürgermeisterin Renate Schmetz hatte die Ludwigsburger explizit dazu aufgerufen, Anträge auf Wohngeld zu stellen. Hinzu kommt: Die Inflation und gestiegene Kosten bringen immer mehr Menschen dazu, finanzielle Hilfen suchen zu müssen – so wird auch der Heizkostenzuschuss aus Berlin nicht mehr als Angebot für Bedürftige, sondern als berechtigte Zuwendung gesehen und nicht als Almosen. Mehr Anträge bedeutet natürlich auch: mehr Personal. Die fünf Vollzeitstellen – auf sieben Köpfe verteilt –, das war schon zuvor klar, reichen dafür nicht aus. Im Oktober, sagt Raphael Dahler, werde eine neue Verwaltungsfachkraft eingestellt. Haberzettel hat erst eine landesweite Fachtagung besucht, die Probleme sind überall dieselben: „Der Markt ist leergefegt.“ Es sei aber bei Mitarbeitern auch gelungen, Teilzeitverträge aufzustocken, so Dahler. „So kriegen wir es noch hin.“ Hingekriegt hat es auch die Landesregierung, die neue Software früher als befürchtet (von März war die Rede) zur Verfügung zu stellen. Laut Haberzettel wurden die Beträge an alle Bezieher von 2022 schon im Februar nach der neuen Berechnung ausbezahlt. Alles zusammengenommen steht Ludwigsburg mit einer aktuellen Bearbeitungszeit von vier bis sechs Wochen sehr gut da. Es sei auch keine einfache Rechnung, da viele Komponenten eine Rolle spielten, so Claudia Haberzettel, die auch geprüft werden müssten. Der befürchtete Ansturm auf die Büros in der Oberen Marktstraße blieb übrigens aus – der Digitalisierung sei Dank. Im Prinzip können Anträge und Bewilligung rein online abgewickelt werden.
INFO: Unter www.ludwigsburg.de (Rathaus & Service/Dienstleistungen/Wohngeld) finden sich alle nötigen Infos und Formulare.